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Kirche in WDR 5 | 17.08.2022 | 06:55 Uhr
Bindung schafft Freiheit
Christina und Peter haben geheiratet.
Gut – ich gebe zu:
Das ist zwar schön,
doch gewiss kein Grund,
davon zu erzählen.
Möchte ich aber trotzdem.
Wobei … eigentlich
möchte ich gar nicht von der Hochzeit erzählen
– sondern davon,
was die beiden dazu gebracht hat.
Denn wissen Sie: Ich bin Diakon.
Und zu meinen Aufgaben gehört es,
Paare auf dem Weg in die Ehe zu begleiten.
Christina und Peter sind mir dabei in Erinnerung geblieben.
Als ich sie nämlich gefragt habe,
warum sie sich denn ihr Leben lang
aneinander binden wollen,
da erzählte mir Peter
von einer Wanderung mit Christina durch die Alpen.
Die Stimmung sei nicht gerade prächtig gewesen sei,
weil er mal wieder viel zu schnell war
und seiner Freundin schlicht keine Pause gegönnt habe.
Christina wäre deshalb entsprechend gereizt gewesen
– und Peter dann irgendwann auch.
Naja, und in dieser Laune seien sie dann auch noch
an eine ziemlich schwierige Stelle gekommen.
O-Ton Peter:
„Nach rechts konntest Du nicht
– da ging es steil hoch.
Und zu weit nach links ging auch nicht.
Dann warst Du tot.“
So schwierig war diese Stelle also.
Ich war deshalb gespannt,
wie die Sache weiterging.
Und Christina erzählte,
dass sie erst überlegt hätten, umzukehren.
Schlechte Laune plus schwierige Stelle
– das waren zwei Probleme zu viel.
Allerdings hätten sie dann
auf ein wunderbares Panorama verzichten müssen,
das sich ihnen wohl
nur wenige hundert Meter weiter bieten würde.
Also hätten sie sich die Sache noch einmal
etwas genauer angesehen.
Und dann festgestellt:
Ja – allein ist das zu gefährlich.
Aber zu zweit eigentlich nicht.
Im Gegenteil.
Ich muss in diesem Moment wohl
etwas verunsichert geschaut haben.
Jedenfalls meinte Peter:
„Du hast gefragt,
warum wir kirchlich heiraten wollen.
Weißt Du:
Uns ist in dem Moment klar geworden,
dass wir bestimmte Dinge im Leben
nie allein erreichen können.“
Mir ist das in Erinnerung geblieben.
Weil Christina und Peter da nicht nur
etwas Schönes und Wahres
über das Miteinander von zwei Menschen
formuliert haben.
Sondern sie haben unbewusst,
aber treffend beschrieben,
was für mich Glaube bedeutet.
Der lässt mich nämlich auch Dinge sehen und erleben,
die ich allein nie sehen oder erleben könnte.
Dass Menschen gegen die eigenen Interessen
und für andere da sind, zum Beispiel.
Mich im Glauben zu binden
– das bedeutet für mich deshalb
auch kein Weniger an Freiheit,
sondern ein Mehr an Möglichkeiten.
Weil ich nicht an Belangloses gebunden bin.
Mein Glaube zieht auch keine Grenzen
– sondern erlaubt mir,
Mauern zu überspringen.
Weil ich Menschen allein deshalb mögen darf,
weil sie alle ein bisschen was von Gott in sich haben.
Einfach gesagt also:
Es gibt Stellen im Leben,
die mögen schwierig erscheinen.
Die zu überwinden mag ich nicht für möglich halten.
Sind sie aber doch.
Ich muss mich nur trauen.
Muss es nur wagen – mit Ihm.
Wie Christina und Peter an dieser schwierigen Stelle
in den Bergen.