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Kirche in WDR 5 | 31.10.2022 | 19:30 Uhr

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Ich habe einen Traum

Kirche in WDR 5 – Die Evangelische Sendung zum Reformationstag für Kinder und Erwachsene


Musik 1: Respect

Album: I never loved a man the way I love you, Track 1, Interpretin: Aretha Franklin, Musik u. Text: Otis Redding (1965), Produzenten: Arif Mardin, Jerry Wexler, Label: Atlantic Recording Corp. (1967)


O-Ton Mattia:

“Hömma, das ist nicht nett! Das willst du doch auch nicht für dich haben, dass du dann irgendwie geärgert wirst von anderen. Lass das doch einfach mal!”


Autorin: Sagen: „Lass das doch einfach mal!“ Wenn man beleidigt wird. Oder geschlagen. Klingt leicht. Ist es aber gar nicht. Vor allem, weil: O-Ton Robin: “Das tut im Herzen weh.“


Autorin: Robin und Mattia und … O-Töne: „Ida, Stefan, Olivia, Lilly.“ Autorin: … aus der 2a von dem Grundschulverbund Odenthal-Neschen, ihre Religionslehrerin Theresia Gütt und ich als Pfarrerin … O-Ton Samantha: „… reden über Rassismus.“ Autorin: Und über Respekt!


Musik 2 = Musik 1


Autorin: Rassismus, Antirassismus, Respekt – schwierige Worte. Zusammen überlegen wir, was das bedeutet. Und wenn wir was nicht wissen, dann fragen wir nach.

Eine Expertin in Sachen Rassismus und Respekt, die wir um Hilfe bitten konnten, ist Andrea Karimé. Sie ist eine Kinderbuchautorin aus Köln. Die Klasse und ich treffen sie per Video.


O-Ton 1, Andrea Karimé:

„Rassismus ist – nicht nur für mich – wenn Menschen denken, dass andere auf Grund ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer Religion oder auch Menschen, die zuerst als Erste in einem Land waren, wie in Australien, die ersten Bewohner, wenn man denkt, dass diese Leute weniger wert sind und einige Sachen schlechter können, das ist Rassismus.“


Autorin: Und was Rassismus noch alles ist, wissen Lilly und ihre Freunde und Freundinnen:


O-Ton-Collage:

Lilly: „… wenn einer einen beleidigt.“ Robin: „Das ist, wenn ein Mensch einen anderen Menschen anmotzt, weil er eine bestimmte Hautfarbe hat.“ Autorin: Oder … Amelie: „… weil der schwarze Haare hat.“ Robin: „Wenn Leute aus Afrika kommen, werden die immer gleich gemalt, also mit schwarzer Haut und so.“ Autorin: Stereotyp nennt man das dann. Und schön ist das nicht, denn eigentlich ist es ja … Samantha: „… egal, welche Hautfarbe man hat.“ Autorin: Und außerdem … Lilly: „Jeder darf so aussehen, wie er möchte. Es ist voll egal, ob er braun ist oder weiß.“


Infobox 1

Sprecher (Daniel Schneider):

Braun und weiß oder auch schwarz, rot, gelb – das alles sind Farben. Und oft werden diese Farben benutzt, um zu sagen, wie Menschen aussehen. Das ist rassistisch.


Wenn ich jemanden gut kenne, dann muss ich nicht sagen ‚das schwarze Mädchen da drüben‘, sondern ich kann zum Beispiel sagen ‚da drüben steht Monia‘. Wenn ich jemanden nicht kenne, aber von ihr erzählen möchte, dann kann ich fragen: ‘Sag mal, wie möchtest du denn, dass ich mit dir oder über dich rede?‘.


Politisch korrekt schreiben und sprechen. Ganz schön schwer. Und was sag‘ ich jetzt?

Am besten sprech‘ ich nur von Menschen. Denn das sind wir alle.


Autorin: Leider ist es gar nicht so ganz egal, wie man aussieht, welche Religion man hat und wo man herkommt. Aber es tut weh, wenn die Leute einen nur nach dem Aussehen beurteilen oder danach, wo man geboren oder aufgewachsen ist. Denn …


O-Ton-Collage:

Ida U.: „Man kann Sachen an seinem Körper nicht ändern, weil man kann ja nicht sagen hexhex ich hab jetzt ne dunkle Hautfarbe und ich hatte ne helle…“ Autorin: Das Gleiche gilt für … Anna: „… die Augenfarbe“ Autorin: und … Mila: „… Haarfarbe.“ Autorin: Robin stellt aber auch noch klar … Robin: „Hautfarbe und Haarfarbe kann man zum Beispiel färben, aber natürlich geht das irgendwann wieder ab.“


Autorin: Ich glaube ja, dass Gott uns alle wunderbar gemacht hat. Und dass an keinem von uns was anders sein muss. Gott hat Fantasie, denke ich. Manche von uns sind Schwarz, manche weiß, manche haben dicke rote Locken, andere bernsteinfarbene Augen, manche haben Sommersprossen usw. Ja, und? Alles schön. Alles Besonders.


Was ich glaube, kommt in einem ganz alten Gebet vor, das wir uns zusammen anhören. Stefan liest es uns aus einem Buch mit Gebeten für Kinder vor. Gebete aus der Bibel. Psalm 139 steht drüber:


Musik 3: What a wonderful world

Album: What a wonderful world (1968), Track 1, Interpret: Louis Armstrong, Tommy Goodman, Musik u. Text: George David Weiss, Geroge Douglas, Produzent: Bob Thiele, Label: UMG Recordings, Inc.


O-Ton Stefan:

Gott, du kennst mich. Du siehst mich, wenn ich sitze. Du weißt, wenn ich stehe. Du kennst meine Gedanken. Du weißt, was durch meinen Kopf geht. Du siehst, was ich in der dunklen Nacht mache. Deine Augen sehen mich am Tag. Ja, du kennst meine Geheimnisse. Du kennst mich Gott, du selbst hast mich gemacht; Wunderbar hast du mich gemacht. Ich danke dir.“ (2)


Autorin: Wunderbar gemacht. Von Gott selbst. So ein schöner Gedanke. Finden auch die Kinder aus der 2a. Deshalb sagen sie, dass es völlig egal ist, wie jemand aussieht. Und dass es gemein ist, sich über das Aussehen von jemandem lustig zu machen und zu sagen: „Ich bin besser als du, … Du bist weniger wert, …“


Im echten Leben passiert das aber ja leider oft, dass Menschen gesagt wird, dass sie weniger wert sind als andere, weil sie irgendwie anders sind. Eine, die über solche Dinge schreibt, ist die Kinderbuchautorin Andrea Karimé. Sie schreibt Bücher über Kinder aus anderen Ländern, über geflüchtete Kinder und darüber, wie schwer es ist, irgendwo neu dazu zu kommen und neu anzufangen.


Wir fragen sie, ob sie selbst schon einmal Rassismus erlebt hat:


O-Ton 2, Andrea Karimé:

„Ja, leider schon öfter.


So das typische Beispiel aus meiner Kindheit, das ist: Ich sitze in der Straßenbahn und eine Frau steigt ein und klopft mir auf die Schulter und sagt: „Steh auf du Türkin, lass mich da sitzen!“. Sehr unfreundlich. Das ist Rassismus.“


Autorin: „Du Türkin!“, das ist gemein und rassistisch. Jemandem mit einem Afro – das ist eine dicht-lockige Frisur – ohne zu fragen in die Haare zu greifen, weil man fühlen will, das ist frech und rassistisch. Zu jemandem „Schokokrümel“ oder „Mokkaböhnchen“ sagen, das ist rassistisch.


Alles Rassismus. Und: „Ich mein das doch nur lieb, …“ gilt nicht. Denn nichts ist nett daran, jemanden nur über sein Aussehen oder seine Herkunft zu definieren.


Deswegen wird’s Zeit für Musik.

Für besondere Musik:


O-Ton Klassenchor:

„Menschenkinder!“


Autorin: Da heißt es: „Schau' uns an: Ich bin wie du, du bist wie ich.“ Und was Adel Tawil mit seinem Lied sagen will, ist klar: Wir alle sind Menschen – Menschenkinder. Und so klingt das, wenn die 2a mit ihrer Musiklehrerin Sabine Prikartz an der Gitarre loslegt:


O-Ton Klassenchor - Menschenkinder:

„Diese Welt ist nicht schwarz-weiß, sie ist bunt,
die uns trennen wollen, suchen einen Grund;
bauen aus alten Ideen neue Mauern,
teilen die Welt auf in König und Bauern –


doch wir lassen ihren Hass nicht an die Macht,
strahlen so hell wie Neonlichter in der Nacht,
spreng' mit Lasern aus Liebe die Ketten,
Diamanten mit tausend Facetten –


kann schon sein,
dass ich nur ein Träumer bin;
doch ich stell' mir vor,
wir kriegen das zusammen hin.“


Autorin: Am Schuljahresende haben die Kinder das Lied Menschenkinder als Mut-mach-Lied für alle Kinder der Schule gesungen. Und jetzt singen sie nochmal für mich – für uns:


O-Ton Klassenchor - Menschenkinder:

„Denn wir alle sind Menschenkinder,
alle Sucher und Neuerfinder:
schau' uns an,
ich bin wie du, du bist wie ich.“


O-Ton-Collage:

Autorin: Großartig klingt das, finde ich. Die 2a hat richtig Spaß an dem Lied. Und sie finden es wichtig, dass so Musik wie die von Adel Tawil im Radio läuft. Denn: O-Ton Ida U.: „Der Refrain, ‚Wir alle sind Menschenkinder‘, heißt, dass niemand doof ist.“ Autorin: Diesen Refrain singt Robin aus tiefstem Herzen … Musik 5 Klassenchor, Robin solo: „Menschenkinder“-Refrain Autorin: Und erklärt … Robin: „Wir haben das gesungen wegen dem Krieg in der Ukraine und das ist eben ein Lied, dass eigentlich über Frieden geht. Zum Beispiel: wir lassen den Hass von den Menschen, die nichts Liebes wollen, nicht an die Macht.“ Autorin: Und… Johanna: „… weil es gegen Rassismus ist.“ Autorin: Aber auch, weil … Mattia: „… da viel über die Gefühle geredet wird und man dann irgendwie Lust kriegt, schöne Sachen zu machen.“ Mila: „Weil es so schön ist. Wenn wir nämlich alle gemeinsam singen, hört es sich schön an.“ Daniel: „Ich finde das schön, dass … der Mensch, welcher hat diese Musik gemacht, der ist der Allerbeste, weil diese Musik ist schön.“


Autorin: Ein Mut-mach-Lied, ein Friedenslied, ein Anti-Rassismus-Lied.


Antirassismus. Was ist das denn eigentlich; Antirassismus? Kinderbuchautorin Andrea Karimé erklärt:


O-Ton 3, Andrea Karimé:

„Na, das ist jetzt in erster Linie mal gegen den Rassismus zu sein. Und auch vielleicht, sich aktiv einzusetzen gegen den Rassismus und, dass könnt ihr zum Beispiel machen, indem ihr aufpasst, und mitbekommt, wenn jemand diskriminiert wird oder abgewertet wird, wegen der Hautfarbe und dann anderen Erwachsenen davon erzählen, das ist auf jeden Fall wichtig und das wär‘ schon mal ne gute Sache.“


Musik 4: Get up, stand up

Album: Legend – The best of Bob Marley and The Wailers (2002), Track 6, Interpreten: Bob Marley and The Wailers, Musik u. Text: Bob Marley and The Wailers, Peter Tosh, Produzenten: Bob Marley & The Wailers u.a., Label: UMC


Autorin: Dass Erwachsene gut helfen können, leuchtet den Kindern ein. Manchmal sind aber auch Erwachsene hilflos und wissen gar nicht so richtig gut, wie sie reagieren sollen. Davon erzählt Theresia Gütt, die Religionslehrerin der Klasse 2a.


O-Ton 1, Theresia Gütt:

„Ich hab‘ damals natürlich das erzählt, ich hab‘ das den Lehrern erzählt und ich hab‘ das auch meinen Eltern erzählt, was in der Schule passiert ist und es gab da verschiedene Möglichkeiten, was mir geraten wurde.

Auf der einen Seite wurde gesagt, ‚Ja, wenn Du wegen Deiner Hautfarbe beleidigt wirst, dann beleidige doch einfach die anderen Kinder zurück und sag‘ dann was anderes zu denen.‘ Und dann hab‘ ich halt überlegt, ja, ok, das ist eine Möglichkeit, aber dann wäre ich ja genauso, wie die anderen und das wollte ich halt auch nicht.“


Autorin: ‚Aber was war denn da eigentlich los?‘, fragen wir Theresia Gütt.


O-Ton 2, Theresia Gütt:

„Als ich so klein war oder so alt war wie ihr, da war ich nämlich auch noch in der Grundschule und da war das wirklich so, dass meine Klassenkameraden gedacht haben – auf Grund meiner Hautfarbe – weil ich ja eine braune Hautfarbe hatte oder hab‘, dass ich eben dreckig bin.“


Autorin: Und wer dreckig ist, der muss eben wieder sauber werden.

Theresia Gütt erzählt weiter:


O-Ton 3, Theresia Gütt:

„Als Kind war das richtig schlimm für mich in der Grundschule. Weil ganz viele Kinder dann gesagt haben, dass ich nicht so viel wert bin wie andere Kinder und das Schlimmste, was mir passiert ist, ist, dass in einer Pause Kinder mich in den Toilettenraum mitgenommen haben und dann mit Bürsten versucht haben, mich wieder sauber zu machen, weiß zu machen.“


Autorin: Und weiter:


O-Ton 4, Theresia Gütt:

„Das hat mich total verletzt. Und auch richtig, richtig traurig gemacht, weil ich konnte ja oder kann ja nichts dafür, dass ich diese Hautfarbe habe. Das liegt ja daran, dass meine Mama aus einem anderen Land kommt, nämlich aus Indien und mein Papa aus Deutschland und ich bin jetzt ein wunderschöner Mix aus beiden Hautfarben, …“


Autorin: Da ist er wieder. Dieser Gedanke, dass Gott uns alle wunderbar und vor allem wunderschön gemacht hat. Ganz genau so, wie wir sind. Das aber für sich selbst anzunehmen - vor allem, wenn einem andere Kinder oder Erwachsene was anderes einreden. Das ist ganz schön schwer.


Denn dieser Gedanke, dass ein Mensch mit dunkler Hautfarbe dreckig ist und sauber gemacht werden muss, der ist bestimmt genauso alt, wie der, dass Gott uns alle wunderbar gemacht hat.


Diesen Gedanken finde ich ehrlich gesagt viel schöner. Aber es gibt auch andere Texte in der Bibel, andere Gebete, die klingen etwas anders. Ida liest uns Psalm 51 vor:


Musik 5 = Musik 3


O-Ton Ida Z.:

„Ich komme zu dir, mein Gott, auch wenn ich böse zu jemandem war, auch wenn ich dich fast vergessen habe: Ich komme immer wieder zu dir. Ich fühle mich schmutzig, wenn ich böse war, und ich bitte dich: Wasche das Böse von mir ab! Mache mich rein! Mache mich weißer als Schnee! Mache mich offen wie eine Blume! Glücklich bin ich und voll Dank.“ (4)


Autorin: „Mache mich weißer als Schnee.“ Das klingt schon ein bisschen merkwürdig. Warum sollte jemand weißer als Schnee sein wollen?


Das liegt daran, dass weiß immer schon das Wort ist, dass Menschen benutzen, um etwas Schönes, etwas Gutes zu beschreiben. Den Sonnenschein zu Beispiel oder Engelsflügel. Und wenn jetzt jemand weißer als Schnee sein will, dann will er damit sagen: Ich möchte gut sein, was Gutes tun.


Also eigentlich kein ganz doofes Gebet. Aber wir Menschen haben daraus was Doofes gemacht. Denn, was Ida uns vorliest:


O-Ton Ida Z.:

„Ich fühle mich schmutzig, wenn ich böse war, und ich bitte dich: Wasche das Böse von mir ab! Mache mich rein! Mache mich weißer als Schnee!“ (4)


Autorin: Das steht in der Bibel.


Die Worte aus der Bibel haben Menschen schon immer gerne benutzt, um das, was sie denken und tun zu rechtfertigen. Und so hat sich aus diesem alten, eigentlich ganz schönen Gebet, in dem jemand sagt, ich vertraue darauf, dass Gott mich auch noch liebhat, wenn ich Scheiße baue, was ganz anderes entwickelt. Nämlich der Gedanke, dass weiße Menschen wertvoller sind als Schwarze.


Was für ein Quatsch!


Musik 6: I know I’m not wrong

Album: Tusk (1979), Track 15, Interpreten: Fleetwood Mac, Musik u. Text: Lindsey Buckingham, Produzenten: Mick Fleetwood, Stevie Nicks, u.a., Label: Rhino/Warner Records


Autorin: Schon ganz lange denken die Menschen also: das Gute, das ist weiß und hell und freundlich. Und das Böse, das ist schwarz und dunkel und garstig. Und ziemlich bald hat man dann gedacht, wenn eine Frau zum Beispiel ganz weiße Haut hat, dann ist etwas sehr Besonderes und sehr besonders lieb. Und wenn ein Mann zu Beispiel schwarze Haut hat, dann hat der mit Sicherheit was ausgefressen. Und später haben die Menschen, die Sklaven – Menschen aus Afrika – nach Amerika verkauft haben gesagt, naja, das geht schon klar, die sind schwarz, also sowieso nichts wert und böse. Und weil Menschen diesen Unsinn schon so lange immer weitererzählen, deswegen haben schwarze Menschen bis heute Probleme, werden beschimpft, geschlagen und manchmal sogar getötet.


Und was Psalm 51 betrifft, den Ida uns vorgelesen hat. Ida sagt „Mache mich offen wie ein Blume!“ das sei schön. Aber den Rest, den will sie eigentlich nicht beten. Und ich irgendwie auch nicht mehr.


Vielleicht hat das auch was mit Rassismus zu tun. Und vielleicht sind Ida und ich damit auch schon dem Antirassismus auf der Spur. Denn je mehr ich darüber nachdenke, was ich sage und was jemand anderes dabei fühlt, desto seltener verletze ich die Menschen, mit denen ich spreche.


Weil wir aber so unterschiedliche Texte und Bilder in unserem Gebetbuch und in unseren Kinderbibeln gefunden haben, wollen die Kinder aus der 2a von Autorin Andrea Karimé wissen, ob’s sein kann, dass es auch rassistische Kinderbibeln und Gebetbücher gibt und woran man die gut erkennen kann. Sie sagt:


O-Ton 4a, Andrea Karimé:

„Also ihr könnt die rassistischen Kinderbibeln ganz klar daran erkennen, dass die Figuren –also die Menschen, Kinder und Erwachsene, die darin vorkommen – nur weiß sind …


Autorin: Vor allem die Heldinnen und Helden in den Bibelgeschichten, die sind weiß und haben zum Beispiel goldene Haare.


König David zum Beispiel. Der ist immer ein Strahlemann. Und die Fremden oder auch die Gegner in den vielen Kämpfen, von denen die Bibel erzählt, die sind oft dunkelhäutig dargestellt, mit zotteligen Haaren. Dabei hatte auch König David eigentlich eine dunklere Hautfarbe.


Und die anderen Völker, mit anderem Glauben und anderen Kulturen, die werden zum Beispiel beschrieben…


O-Ton 4b, Andreas Karimé: „… als Pferde und als wilde Leute. Das ist zum Beispiel rassistisch.“


Autorin: Dem müssen wir jetzt mal auf die Spur gehen und Du kannst zu Hause mitmachen. Schau doch nachher mal in Deiner Kinderbibel, ob Jesus da zum Beispiel ein weißes Baby mit blonden Locken ist oder ob der ein bisschen anders aussieht.


Ein weißer Jesus mit blonden Locken wäre rassistisch.

Sagt zumindest Sarah Vecera.


Die ist Expertin dafür, Rassismus zu erkennen und auch was dagegen zu machen. Und sie hat ein Buch geschrieben, das heißt: „Wie ist Jesus weiß geworden?“ Da erzählt sie unter anderem davon, dass Jesus aus Israel kam; also aus dem Nahen Osten und vielleicht so aussah, wie einer der heute aus Iran oder aus Afghanistan flüchtet. Also nichts mit ‚holder Knabe in lockigem Haar‘. Das haben die weißen Europäer aus Jesus gemacht. Und das ist nicht nur falsch, sondern auch richtig gemein. Denn damit sagen wir bis heute: 'Gott und seine Familie, die sind weiß. Gott als nichts mit Schwarzen zu tun.‘ – Das finden die Kinder aus der 2a furchtbar. Ich auch.


Wie das wohl Andrea Karimé löst? Sie schreibt nämlich an einer echt antirassistischen Kinderbibel, die hoffentlich für alle Kinder auf der Welt schön ist:


O-Ton 5, Andrea Karimé:

„Ich lese aus zwei verschieden Bibeln dieselbe Geschichte und dann warte ich mal so‘n bisschen ab, was mir die Geschichte eigentlich sagen möchte. Und meistens ist das was Poetisches. Und das, was die Bibel mir persönlich sagen möchte, daraus ziehe ich dann nochmal meine neue Bibelgeschichte. Und das schauen sich aber auch ganz viele Leute noch an, weil ich bin ja keine Bibelwissenschaftlerin. Und da gucken die Leute nochmal drauf, ob das so alles richtig gemacht ist und auch ob’s nicht doch noch irgendwelche Diskriminierungen gibt.“


Autorin: Puh. Klar. Neben Rassismus gibt’s natürlich auch noch andere Möglichkeiten, Menschen zu verletzen. Zum Beispiel antisemitisch. Das ist, wenn ich einen Juden oder eine Jüdin wegen ihres Glaubens ausgrenze.


Mitte des 20. Jahrhunderts haben die Nationalsozialisten versucht alle Jüdinnen und Juden zu töten. In Deutschland und in Europa. Am liebsten auf der ganzen Welt. Sie dachten, dass nur eine sogenannte weiße Herrenrasse das Recht hätte zu leben und dass alle anderen minderwertig seien. Heute denken das wieder viele und dagegen muss man was machen.


Singen hilft vielleicht.


O-Ton Klassenchor - Menschenkinder


Autorin: Es gibt tausende Möglichkeiten gemein zu andern zu sein. Das dämmert uns langsam. Vor allem die Erfahrungen von Theresia Gütt nehmen uns mit.

Die Religions-Lehrerin der 2a erzählt eindrücklich davon, wie sehr sie als Kind von anderen Kindern verletzt worden ist. Sie hatte ja erlebt, wie ihre Mitschülerinnen in der Grundschule ihre dunkle Haut weiß schrubben wollten. Damit gibt sie dem schwierigen Wort Rassismus ein Gesicht – kein sehr freundliches.


Robin sagt erschrocken:


O-Ton Robin:

„Dann muss man sich zum Beispiel als Beziehungsberechtigter darum kümmern. Wenn man für das Kind verantwortlich ist, muss man sich auch darum kümmern; wie ihr Lehrer, …“


Autorin: Und wenn jetzt mal grade keiner von den Großen da ist – was dann? Theresia Gütt erzählt, wie sie sich als Kind gewehrt hat.


O-Ton 5, Theresia Gütt:

„Und dann habe ich halt die Kinder gefragt, warum die das machen, was die eigentlich gegen mich haben, denn eigentlich bin ich ja mit denen befreundet gewesen und konnte das einfach gar nicht verstehen, dass Freunde das mit mir machen. Tja, und dann habe ich für mich aber beschlossen – weil die nicht sagen konnten, warum sie das grade machen, die dachten, dass sei einfach grade richtig – dass ich mich dann von diesen sogenannten Freunden entfreunde …“


Autorin: Heute – sagt Theresia Gütt – findet sie ihre Hautfarbe schön. Aber das hat lange gedauert. Mit ihr zusammen überlegen die Kinder aus der 2a, was man machen kann, um sich zu wehren, um sich nicht so hilflos zu fühlen und auch um anderen zu helfen.

Dabei ist Mattia mit seiner Idee ganz nah an was dran das schon Jesus zu seinen Freunden und Freundinnen gesagt hat.


Mattia sagt, du musst dich immer fragen:


O-Ton Mattia:

„Möchtest du es selber für dich haben, dass einer selber zu dir geht und dich mit Bürsten überschrubbt und dir ganz doll wehtut? Möchtest du das selber für dich haben?“


Autorin: Und er findet, auf die Frage gibt’s dann eigentlich nur eine Antwort:


O-Ton Mattia:

„Man sagt, ich mach das jetzt nicht mehr, weil ich das auch nicht für mich haben möchte.“


O-Ton-Collage:

Autorin: Und wenn’s dann doch passiert, dass man sich wehren muss, findet Robin, man sollte … Robin: „… vielleicht nicht so richtige Schimpfwörter sagen, sondern nur so mittelschlimme Schimpfwörter, also nicht so wie Arschloch oder so, sondern vielleicht einfach so Backblech oder so zu einem sagen.“ Autorin: Das Problem ist – da sind sich alle Kinder einig – schlagen ist nicht ok, aber manchmal ist man so wütend und verletzt, dass man am liebsten würde. Fürs weniger wütend-Sein haben sie Tipps parat, zum Beispiel einfach … Mila: „… weggehen.“ Robin: „Man muss versuchen, sich zu beherrschen.“ Charlotte: „Man muss sich beruhigen und tief einatmen.“ Mila: „Man kann einfach wieder runterkommen.“ Autorin:
Und das geht zum Beispiel … Mattia: „… wenn ich mich an einen Baum stelle und mal kurz die Augen schließe.“ Autorin: Und was wenn’s gar nicht um mich geht und ich helfen will? Was kann ich denn dann machen? Kind: „Anderen helfen.“ Autorin: Aber wie? Kind: „Den Streit klären.“ Lilly: „Sagen: ‚Hör auf!`“ Mattia: „Sagen, vielleicht könntet ihr ja Freunde werden und dann einfach mit der Streiterei aufhören.“ Kind: „Man geht gut miteinander um.“ Daniel: „Nicht Schimpfwörter zu einem anderen sagen.“ Kind: „Dass man niemanden ausschließt.“


Autorin: Niemanden ausschließen. Das ist auch Andrea Karimés Anliegen. Ihre Kinderbibel sollen alle Kinder gerne anschauen und lesen. Was ist das eigentlich für ein Gefühl, also so ein großes Projekt zu machen, fragen wir sie:


O-Ton 6, Andrea Karimé:

„Sensationell, Super, ein tolles Gefühl. Ich liebe Bibelgeschichten und, die haben halt zu mir gesprochen und daraus habe ich jetzt was Neues gemacht. Mit neuen Wörtern zum Beispiel. Es gibt zum Beispiel jetzt einen Lächelmantel in der Bibel.“


Autorin: Einen Lächelmantel. Schönes Wort. Für die Kinder aus der 2a legt sich der Gedanke nahe, dass Andrea Karimé irgendwie näher bekannt sein muss mit Gott. Also wenn ihr die Geschichten so viel sagen und wenn sie so viel Spaß dran hat, sie für uns neu aufzuschreiben.


O-Ton 7, Andrea Karimé:

„Oh, ich kenne Gott schon sehr lange. Als ich 7 Jahre alt war, war ich mal sehr, sehr krank und da hatte ich einen Traum und da habe ich Gottes Stimme gehört.“


Autorin: Andrea Karimés Lieblingsgeschichte ist übrigens die, in der der kleine Mose gerettet wird. Eine tolle und abenteuerliche Geschichte aus dem Alten Testament oder wie man heute sagt: der hebräischen Bibel.


Um tolle und abenteuerliche Geschichten geht’s dann bei der 2a auch nochmal. Und um einen Traum. Den von Martin Luther King. Einem schwarzen Pastor aus Amerika.


Infotext 2

Sprecher (Daniel Schneider)

Jetzt hat sie doch wieder ‚schwarz‘ gesagt.

Politisch korrekt schreiben und sprechen. Das ist ganz schön schwer.

Du kannst ‘Schwarz‘ großschreiben, wenn du politisch korrekt sein möchtest. Also als Haupt-Wort, nicht als Wie-Wort. Dann ist klar: Du willst nicht einfach nur die Hautfarbe von jemandem beschreiben, sondern du nimmst ihn oder sie ganz wahr. Also mit allen Gedanken und Gefühlen. Und wenn du weiß kursiv schreibst – sozusagen in Schreibschrift – und klein. Dann zeigst du damit, dass du dir Gedanken darüber gemacht hast, ob du dieses Wort überhaupt sagen musst. ‘Dunkelhäutig‘ oder ‘farbig‘. Das sind zum Beispiel Worte, auf die solltest du eigentlich ganz verzichten. Weil die nur das Aussehen beschreiben. Und natürlich auch auf Schimpfwörter wie das N-Wort.


Autorin: Und war jetzt mit Martin Luther King?


O-Ton Olivia:

„Der Martin hat zuerst ne ganz langweile Rede gehalten und dann hat der ne kurze Pause gemacht und dann dachten alle, das wär‘ zu Ende und dann hat die Freundin ihm Mut gemacht, dass er allen Leuten den Traum erzählen soll.“


Autorin: 1963 ist das. In Amerika. Beim:


O-Ton Marc:

„March of Washington.“


Autorin: Manchmal ist das so. Da braucht man eine Freundin, die einem Mut macht. Mut das zu sagen, was einem so richtig wichtig ist:


Musik 7: Georgia on my mind

Album: Ray Charles (2011), Track 2, Interpret: Ray Charles, Musik u. Text: Hoagy Carmichael, Stuart Gorrell, Produzent: Sid Feller, Label: X5 Music Group


O-Ton Martin Luther King:

Originalton

„I have a dream that my four little children will one day live in a nation where they will not be judged by the color of their skin but by the content of their character. I have a dream today.“ (6)

Overvoice: Übersetzung

Ich habe einen Traum, dass meine 4 kleinen Kinder eines Tages in einer Welt leben, in der sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilt werden.


Autorin: Das ist also Martin Luther Kings Traum:


O-Ton Mattia:

„Dass wenn die Kinder von ihm in die Schule gehen, nicht immer gesagt kriegen, guck mal, der ist braun; dass sie von ihrem Charakter geschätzt werden und nicht wie sie aussehen, weil das nicht nett ist. “


Autorin: Martin Luther King lebt in einer Zeit, in der Schwarze viel weniger Rechte haben als Weiße und in der das den meisten Weißen ganz egal ist. Er setzt sich dafür ein, …


O-Ton Ida U.:

„… dass alle Menschen die gleichen Rechte bekommen. Er findet nämlich, dass es egal ist, welche Hautfarbe oder Religion man hat.“


Autorin: Liest uns Ida aus einem Kinderbuch über Martin Luther King vor. Ida glaubt, dass er sein Ziel erreicht hat; dass alle Menschen die gleichen Rechte kriegen, egal welche Hautfarbe sie haben.


O-Ton Ida U.:

„Weil jetzt ist das ja nicht mehr so, dass die Leute, die Schwarz sind, einfach ausgeschlossen werden – nicht mehr so oft.“


Autorin: Ida liest weiter vor:


O-Ton Ida U.:

„1964 wird in Amerika ein Gesetz beschlossen, das festlegt, dass alle Menschen gleich sind.“


Autorin: Es hat sich wirklich viel verändert. Vor allem weil Menschen wie Martin Luther King auf die Straße gegangen sind und keine Angst hatten, ihre Meinung zu sagen. Für Martin Luther King ging die Geschichte leider nicht gut aus, liest Olivia vor:


O-Ton Olivia:

„Nicht alle Menschen finden seine Ideen gut. Obwohl Martin immer friedlich für seine Ideen gekämpft hat, war er mehrfach im Gefängnis und ist oft bedroht worden. Aber Martin hat nie aufgegeben. 1968 wird er von einem Weißen ermordet, der findet, dass weiß besser ist als schwarz und dass Martins Traum Unsinn ist.“


Autorin: Die Kinder macht das traurig. Mattia meint, Martin Luther King hätte alles richtig gemacht und wir könnten ganz viel von ihm und anderen, die mutig waren und sind lernen, weil:


O-Ton Mattia:

„… die schwarzen Menschen den weißen Menschen vorgemacht haben, dass sie das auch mit Reden klären können und nicht immer die anderen wegschubsen müssen oder auch hauen müssen und schlagen.“


Autorin: Martin Luther King: Einer von vielen Menschen, die sich bis heute dafür einsetzen, dass wir in einer friedlichen Welt leben können, in der Hautfarben nicht wichtig sind.

Auch die Kinder aus der 2a in Odenthal geben ihr Bestes, gut miteinander umzugehen und sich gegenseitig und anderen Mut zu machen, aufeinander zuzugehen und füreinander da zu sein.

Und mit Musik, finden wir, geht das leichter:


O-Ton Klassenchor - Menschenkinder


Autorin: Und einfach mal denken:


O-Ton Mattia:

“Hömma, das ist nicht nett! Das willst du doch auch nicht für dich haben, dass du dann irgendwie geärgert wirst von anderen. Lass das doch einfach mal!”


Autorin: Einen gesegneten Reformationstag wünschen euch O-Ton-Collage: „Mattia, Ida, Ella, Stefan, Paul, Sara, Amilia, Emilia, Johanna, Taylor, Anna, Mila, Julian, Olivia, Amelie, Mika, Jason, Konrad, Marc, Lilly, Felix, Charlotte, Daniel, Amelie, Ida, Samantha, Ella, Robin.“ Autorin: und Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel.


Musik 8 = Schlussmusik: Menschenkinder

Single: Menschenkinder (2022), Interpret: Adel Tawil, Musik u. Text: Adel Tawil, Martin Fliegenschmidt, Robin Grubert, Produzent: Robin Grubert, Label: BMG Rights Management GmbH


(1) Titel-Idee nach: Martin Luther King, I have a dream und Adel Tawil, Menschenkinder.

(2) + (3) Arie-Hélène Delval, Arno: Im Schatten deiner Flügel – Psalmen für Kinder, FISCHER Sauerländer 2005 (franz. Original 2003), ISBN 978-3-7373-5177-5, S. 84.

(4) + (5) Arie-Hélène Delval, Arno: Im Schatten deiner Flügel – Psalmen für Kinder, FISCHER Sauerländer 2005 (franz. Original 2003), ISBN 978-3-7373-5177-5, S. 40.

(6) https://www.youtube.com/watch?v=vP4iY1TtS3s (zuletzt aufgerufen: 31.10.2022)



Mitwirkende:

28 Schüler:innen der Klasse 2a (Grundschulverbund Odenthal-Neschen),

Klassenlehrerin Birgit Hoyer,

Musiklehrerin Sabine Prickartz,

Religionslehrerin Theresia Gütt,

Kinderbuchautorin Andrea Karimé,

Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel



Technik: WDR Köln, Annett Bastian und Petra Laubach und Sophie Weber

Sprecher: Daniel Schneider

Autorin: Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel



Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze, Evangelisches Rundfunkreferat NRW



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