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Kirche in WDR 5 | 23.05.2023 | 06:55 Uhr

Von der Rückseite des Mondes

Als zum ersten Mal europäische Seefahrer Pinguine in Südamerika sahen, hielten sie diese Vögel für eigenartige Gänse, die auch im Wasser leben. Sie hatten schlichtweg noch nicht einmal eine eigene Artenbezeichnung für diese Vögel, die ihnen unbekannt waren. Wie sollten sie auch?

So kurios das heute klingen mag, so grundsätzlich ist doch das Problem: Das, was man nicht kennt, muss man irgendwie mit dem, was man kennt, in Beziehung setzen. Dies ist aus meiner Sicht aber nicht nur ein Problem der Menschen, die neue Pflanzen- und Tierarten entdecken. Eigentlich ist es viel grundsätzlicher: Wir haben es doch täglich mit Pinguinen zu tun, die wir für Gänse halten, weil wir nur ein paar Aspekte sehen und schon meinen, das Ganze erkannt zu haben. Oder, ums es noch anders und konkreter zu formulieren: Im Alltag begegnen mir Menschen, die mich überraschen können mit dem, was sie tun und wie sie sind: Da habe ich oft bestimmte Vorstellungen, wer wie denkt und was für ein Charakter jemand ist. Tatsächlich werde ich aber überrascht: In Wirklichkeit stellen sich meine Einschätzungen auch schon mal als viel zu kurz gedacht heraus. Warum und wieso ein Mensch sich verhält, wie er sich verhält, ist häufig gar nicht so klar, wie ich meine. Wie wichtig ist es deshalb, mich immer wieder daran zu erinnern, dass ich immer nur einen Teil der Wirklichkeit wahrnehme und nicht daraus gleich ein festes Urteil fälle. Wie wäre es einmal zu fragen: Wie geht es Dir?, statt den anderen für arrogant zu halten, weil er wenig spricht. Es könnte doch sein, dass er oder sie krank ist, schlecht geschlafen hat oder etwas Tragisches erlebt hat?

Ich halte es für not-wendig, nicht zu schnell zu urteilen angesichts der ersten Eindrücke. Denn auch umgekehrt gilt doch: dass ich nicht nur nach meinem ersten Eindruck beurteilt werde.

Wenn ich so einmal über das Verhalten von anderen und mir selbst nachdenke, erkenne ich vielleicht auch: Egal wie gut ich glaube, jemandem zu verstehen, da ist mehr, was es zu verstehen gibt. Ich sehe den Menschen immer nur vor den Kopf und nicht ins Herz, weiß nicht was die anderen beschäftigt oder gar quält: die Frau, die gerade so gestresst wirkt, weil ihr Mann plötzlich ins Krankenhaus gekommen ist. Oder der besorgte Mann, der gerade seine Arbeitsstelle verloren hat und es verheimlichen will.

Für mich ist es wichtig im Hinterkopf die Frage offen zu halten: Da kann etwas sein, das ich nicht sehe und wahrnehme, woran andere Menschen aber ununterbrochen denken müssen.

Im berühmten „Abendlied“ von Matthias Claudius geht es in der dritten Strophe um diesen Zusammenhang:


Sprecherin:

Seht ihr den Mond dort stehen? –

Er ist nur halb zu sehen,

Und ist doch rund und schön!

So sind wohl manche Sachen,

Die wir getrost belachen,

Weil unsre Augen sie nicht sehn.


Jedes Mal, wenn ich diese Verse höre, berühren sie mich. Sie sagen schlicht und einfach etwas, was ich doch leider immer wieder vergesse: Vieles von dem, was ich zu kennen glaube, hat letztlich noch mehr Seiten. Oder, um nochmal die Verwechslung von Pinguinen mit Gänsen vom Anfang aufzugreifen: Wie schnell halte ich einen Pinguin für eine Gans, nur weil ich ihn nicht richtig erkennen kann, mir Aspekte verborgen bleiben.

Vermutlich hilft da die einfache Frage weiter: Was sehe ich jetzt alles nicht? Und könnte das, was ich sehe, nicht doch noch etwas anderes bedeuten, als ich meine? Bleiben wir also neugierig.

Aus Salzkotten grüßt Sie Manuel Klashörster

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