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Kirche in WDR 5 | 13.10.2023 | 06:55 Uhr
Abschied mit Gänsehaut
Immer mal wieder werde ich als Priester zu einer Krankensalbung gerufen. Sie ist in der katholischen Kirche ein Ritual, um Gläubige in schwerer Krankheit oder Todesgefahr zu stärken. Das Ganze ist für mich meistens extrem eindrucksvoll. Denn da begegne ich Menschen, die sich an der Grenze ihres Lebens befinden. Für Sie geht es ums Ganze, sprich um die Frage, wie sie mit ihrer Krankheit umgehen oder sogar mit welcher Einstellung sie sterben werden.
Nun ist es aber noch eine ganz andere Sache, wenn ich mit Menschen aus meiner Familie die Krankensalbung feiern soll. Die haben mich schließlich ein Leben lang auf irgendeine Art und Weise begleitet und jetzt geht es ihnen verdammt schlecht. So geschehen ist es mir vor wenigen Jahren mit meinem Opa. Er musste sterben, das wusste er und das wussten wir. Und so bin ich mit meiner Schwester zu ihm ins Altenheim gefahren. Er hatte schon ein paar Tage nicht mehr gesprochen und fast nur noch geschlafen.
Jetzt gibt es während einer Krankensalbung zwei Momente, die für mich besonders berührend sind: die Handauflegung in Stille und die Salbung mit Krankenöl. Als ich ihm nun meine Hände auf den Kopf legte, blieben seine Augen geschlossen. Auch während ich seine Stirn und seine Hände mit Öl bestrich, hatten wir das Gefühl, dass er uns nicht wahrnahm. Doch wie wir uns täuschen konnten: auf einmal rann ihm eine Träne übers Gesicht und beim anschließenden Vater Unser betete er gut hörbar mit, öffnete seine Augen und bekreuzigte sich. Jetzt mussten auch meine Schwester und ich weinen – Gänsehaut pur!
Das Vater Unser waren die letzten Worte unseres Opas auf dieser Welt. Danach schloss er die Augen für immer, auch wenn sein Herz noch einige Tage schlug. Meine Schwester und mich hat dieses tiefe Vertrauen und der hoffungsvolle Glaube des Sterbenden bis heute tief beeindruckt, meinem Opa hat die Krankensalbung offenbar geholfen, loszulassen.
Übrigens: Keine Angst, von einer Krankensalbung stirbt man nicht! Einige Ältere haben vielleicht noch die frühere Bezeichnung als Letzte Ölung im Kopf. Aber das ist Quatsch! Meine Oma, die noch lebt, hat sie vor ein paar Wochen in einer gesundheitlich kritischen Situation bekommen. Und danach: Ging es ihr deutlich besser!
Dass Sie heute gut durch den Tag kommen, das wünscht Ihnen Pfarrer Simon Schwamborn aus Dortmund.
