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Kirche in WDR 5 | 25.10.2023 | 06:55 Uhr
…in zwei Monaten…
Natürlich sind diese acht Wochen bis zum Weihnachtstag im Vergleich zur Weltgeschichte nur der Bruchteil eines Wimpernschlages – und doch kommen unweigerlich die Erinnerungen an vergangene Jahre hoch: Was da nicht alles noch im Jahres-Endspurt passiert ist… Wie wird das wohl in diesem Jahr gehen?
Dieses auslaufende Jahr bietet aber auch jetzt schon die Möglichkeit, Rückschau auf die Lebenszeit zu halten, die ich in den letzten zehn Monaten auf dieser Erde verbracht habe. Innezuhalten – das tut auch einmal gut, so kurz vor dem Jahres-Endspurt. Was hat mich denn da so alles bewegt? Welche Fragen und Aufgaben sind auf mich eingestürmt? Was konnte ich lösen, was bleibt vielleicht sogar auch in Zukunft unerledigt, nicht zu bewältigen?
Da sind die großen Themen wie die drohende Klimakatastrophe, die sich auch in diesem Jahr durch kleine und große Wetterkatastrophen auf der ganzen Welt angedeutet hat: Waldbrände, Wolkenbrüche, Stürme, Trockenheit bis hin zur Dürre…
Oder die gesellschaftlichen Veränderungen, die immer deutlicher werden: die immer bedrängender werdenden Fragen der Flucht- und Migrationsbewegungen weltweit. Der Rückzug von immer mehr Menschen auf sich selbst – egal, was passiert: Hauptsache mir geht’s gut und ich habe meine Schäfchen im Trockenen. Oder der immer offensichtlicher zu Tage tretende Mangel an Facharbeitskräften.
Oder die Situation in den Kirchen: Erschüttert vom Missbrauchsskandal, vor allem vom grottenschlechten Umgang mit den Opfern, hin und hergeworfen von tiefgreifenden Umwälzungsprozessen und einem Bedeutungsverlust für die Gesellschaft ohne gleichen.
In diesem Zusammenhang rückt bei mir ein Begriff immer mehr in den Fokus, den der aus Mönchengladbach stammende, jüdische Philosoph Hans Jonas in einem seiner späten Werke in den Mittelpunkt seiner Überlegungen gerückt hat. Er hat dazu 1979 ein bemerkenswertes Buch vorgelegt: „Das Prinzip Verantwortung“. Darin entwickelt er nachdenklich eine Ethik der Verantwortung angesichts der galoppierenden technischen Entwicklungen. In dieser Ethik misst er etwa der Natur eine gewichtige Rolle zu. Und unserer Verantwortung der Natur gegenüber – ein bedrückend aktuelles Thema.
Wie wäre es, wenn ich mir meiner Verantwortung allem gegenüber, das mir von Gott anvertraut wurde (und da ist natürlich zunächst und zuvorderst die Natur, seine Schöpfung), neu bewusst würde?
Wie gesagt – es sind noch acht Wochen bis zum Weihnachtsfest – jenem Tag, an dem wir Christen daran erinnern, dass Gott einer von uns geworden ist. Kein Grund in Panik zu verfallen – aber Grund genug, sich neu der Verantwortung bewusst zu werden, die uns aufgegeben ist.
Aus Jüchen grüßt Sie Ihr Ulrich Clancett.