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Kirche in WDR 5 | 09.11.2023 | 06:55 Uhr

Das Grauen

Guten Morgen!

Heute genau vor 100 Jahren hat Adolf Hitler zum ersten Mal versucht, die Macht an sich zu reißen. Er putschte damals in München. Zehn Jahre später war er Alleinherrscher und 15 Jahre später, am 9. November 1938, brannten die Synagogen in Deutschland in der sognannten Reichspogromnacht.

Vor 100 Jahren hat auch der deutsche Bildhauer Ernst Barlach eine Skulptur geschaffen, die sozusagen die grauenhaften Entwicklungen Deutschlands vorhergesehen hat. Ich spreche von der Skulptur „das Grauen“. Ich habe sie gesehen in der großen Ausstellung im Folkwang Museum in Essen: „Expressionisten am Folkwang. Entdeckt, verfemt, gefeiert.“ Da ging es um Kunst, die von den Nazis beschlagnahmt und unter anderem 1937 in München gezeigt wurde unter dem Titel „Entartet“. Die Nazis duldeten damals keine kritische Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit, keinen Widerstand. Und so war klar, dass auch die Skulptur „Das Grauen“ von Ernst Barlach verfemt war.

Die Figur ist aus Lindenholz gearbeitete und zeigt einen Menschen, der sein Gesicht mit beiden Händen hält und bestürzt schaut. Es ist nicht auszumachen, ob es ein Mann oder eine Frau ist. Die Augen sind weit aufgerissen. Beim Betrachten wird klar: Diesen Menschen graut vor etwas bzw. das Grauen kommt auf den Menschen zu. „Grauen“ – so habe ich nachgelesen – kommt von schaudern, sich fürchten. Es kommt mir so vor, als habe Barlach wie ein Prophet seiner Zeit diese Figur genau zum richtigen Zeitpunkt erschaffen, wissend was in naher Zukunft kommen wird.

Das Grauen, welches Barlachs Skulptur sieht, ist offensichtlich und wird sich über und über steigern in den folgenden Jahren im zweiten Weltkrieg und dem Holocaust.

Barlach stellt das Grauen zeitlos dar. Und so überlege ich, was die Skulptur wohl heute an grauenhaften Situationen in dieser Welt sehen könnte: Den Ukraine-Krieg, Terror in Israel und unzählige weitere blutige Auseinandersetzungen auf der Welt, die Missbrauchsskandale der Kirche, Demokratiegefährdungen durch extremistische Parteien in ganz Europa. Die Liste lässt sich fortsetzen. Mir wird deutlich: Grauenhafte Situationen gibt es zur Genüge – auch heute. Und so bleibt Barlachs Skulptur aktuell. Die Empfindung, ja die Angst vor dem Grauen, verweist auf eine schreckliche Situation, die auf mich zukommt und der ich ausgeliefert bin. Es ist eine außerordentliche Situation. Wichtig dabei ist: Der Ausdruck des Grauens macht sich nicht gemein mit der Situation und akzeptiert sie nicht. Grauen ist widerständig. Grauen zeigt, dass etwas nicht im Gleichgewicht, nicht in Ordnung ist. Und der Mensch, der sich so von Dingen auf der Welt anrühren lässt, die aus der Sicht des Glaubens heraus nicht Gottes guter Ordnung und seinem gutem Schöpfungswillen für diese Welt entsprechen, hat ein richtiges Gespür – auch wenn er erschrickt.

Mir ist wichtig: Immer wieder, ob nun vor hundert Jahren oder heute, hinzuschauen und das Grauen beim Namen zu nennen.

Aus Gladbeck grüßt Sie Meike Wagener-Esser


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