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Kirche in WDR 5 | 20.02.2024 | 06:55 Uhr

Krank. Neidisch. Zornig.

Guten Morgen!

Es ist jetzt schon lange her. Und die Tage, an denen ich dran denke, sind selten. Wie der Arzt sagte, dass dieser Knoten doch nicht so harmlos sei wie vermutet. Es ist schon grotesk: Kein Wehwehchen plagt, trotzdem ist auf einmal das Gefühl da, dem Tode nahe zu sein. Wie gesagt: alles gut gegangen. Glück gehabt. Großartige Ärzte gehabt. Gott? Weiß nicht. Haben denn die, die sterben, keinen gnädigen Gott?


Klar, hatte ich Angst. Aber ich will über zwei andere Erfahrungen von damals reden. Die eine: Ich war unglaublich neidisch. Ich war neidisch auf die glücklichen Kollegen, die ihren Dienst machen und in langweiligen Sitzungen sitzen durften. Ich war neidisch auf das glückliche Pärchen im Park, das sich lauthals stritt über irgendeinen kleinen Mist. Ich war neidisch, neidisch, neidisch. Warum ausgerechnet ich? Total klischeehaft. Ich weiß, und wusste auch damals: Auf diese selbstmitleidige Frage, kann es vernünftigerweise nur eine Antwort geben: Warum nicht? Trotzdem. Sie kam mir ernsthaft in den Sinn. Ich fand es so ungerecht, dass es mich erwischt hatte.


Und das andere: Zorn.

Zorn über die, die mir mit dem Krebs ihrer angeheirateten Cousine, ihrer ehemaligen Kollegin oder ihres übernächsten Nachbarn kamen und von deren Komplikationen oder Therapien erzählten. Haltet den Mund. Kapiert ihr nicht? Mein Krebs gehört mir.

Zorn auch über alle, die mir etwa so kamen: Du wirst gewiss in diesem Frühjahr die Schneeglöckchen viel schöner wahrnehmen und das Leben zu schätzen wissen. Nein, wusste ich nicht. Und wollte ich nicht. Erst recht nicht, wenn es von mir erwartet wurde. Als wäre ein Tumor eine spirituelle Erfahrung. Als wäre es automatisch so, dass man da wieder staunen, beten und glauben lernt. Stimmt nicht. Oder stimmt manchmal und dann auch wieder das Gegenteil. Dass nämlich alles leer und freudlos ist und der liebe Gott einem gestohlen bleiben kann.

Zorn am meisten über die, die Moral versprühten und meinten, dass man sich von der Krankheit veredeln lassen sollte. „Die Friederike“, so empörte sich bei mir eine Kollegin über jene, die ich hier Friederike nenne, „die hat auch Krebs gehabt. Aber die hat nichts in ihrem Leben verändert.“ Ehrlich nicht? Dann ist es ja gut.


Eine meiner besten Seelsorgerinnen war Brigitte. Sie kam nach resolutem Klopfen ins Krankenzimmer geschneit, warf mit Schmackes ihr Mitbringsel, eine Tüte Paprikachips, auf die Bettdecke und schleuderte die gepfefferten Worte hinterher: „Was für eine Scheiße!“. Und da hatte sie vollkommen recht. Mehr war nicht zu sagen. Aber gut, dass das mal einer außer mir sagte. Das ist eine echte Grundlage, auf der man weitermachen kann.


Natürlich verändert eine gravierende Krankheit das Leben. Sie macht empfindlicher. Und sie macht unempfindlicher. Sie raubt Vertrauen. Und sie schenkt anderes Vertrauen. Sie macht weicher. Und sie macht härter. Meine Krankheit damals hat mir nicht Gott näher gebracht. Aber er, er ist mir öfter nahegekommen – nicht, wenn ich es wollte, sondern wann er es wollte. Ich bin zuversichtlich, dass er es weiter so halten wird.


(Ende WDR 4, Verabschiedung für WDR 3 und WDR 5:)

Einen gesegneten Tag wünscht Ihnen Pfarrerin Silke Niemeyer aus Münster.



Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

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