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Kirche in WDR 5 | 15.03.2024 | 06:55 Uhr
Mut zu Träumen und zu ermöglichen?
Also, mit wir ist die Kirche als Institution gemeint. Für die arbeite ich und daher schließe ich mich da mit ein. Denn: Wir von Kirchens müssen uns Gedanken machen über unsere Gotteshäuser. Nicht nur wegen der hohen Heizkosten. Sondern deshalb, weil viele Kirchenbauten einfach zu groß geworden sind für die wenigen, die noch kommen.
Hier in Krefeld steht mir die Frage klar vor Augen. Der Gottesdienst-Besuch fällt. Immer weniger kommen, um ihren Glauben und das Leben in einem Kirchengebäude zu feiern.
Anders sieht es aus bei anderen Bereichen: Bei den Institutionen und Angeboten von Caritas und Diakonie. Menschen, die ein hier bestimmtes Kirchen-Angebot nutzen möchten, die kommen. Zum Beispiel in die Kindergärten mit einem christlichen Profil, in die Schuldnerberatung. Die Militärseelsorge oder die Telefonseelsorge sind gefragt und bekommen in Umfragen sehr gute Rückmeldungen.
Unser Problem von Kirchens ist allerdings: All dieser Zuspruch hilft nicht dem Kirchgebäude um die Ecke. Und natürlich ist der Bau mitunter ein Hingucker. Und manche verbinden damit noch gute Erinnerungen. Und ich bin bestimmt nicht die einzige, für die ein Gotteshaus auch ein heiliger Ort ist. Aber: die Leute, die denken wie ich, die werden weniger. Was, wenn diese Gebäude künftig nur noch „Stehrumsel“ sind im Stadtbild?
Und was ist mit Jesus, der ja eher skeptisch war gegenüber denen, die sich große Scheunen bauen – mit nix dahinter? (Lukas 12,16–21) Jesus war der Tempel des Herzens wichtiger als der Tempel aus Stein. Wäre nicht die Zeit, noch mal neu zu denken? Auch in Bezug auf die Kirchengebäude?
Also: Hätten Sie eine Idee, wofür das Kirchgebäude bei Ihnen ums Eck alternativ gebraucht werden könnte? Stellen Sie sich vor, eine Fee käme und würde sagen: Wünsch dir was! Was brauchst du? Was fehlt dir im Stadtteil, in der Stadt? Einzige Bedingung: Es muss den Menschen dienen. Und Begegnung ermöglichen und die Möglichkeit bieten, dass Menschen ihr Ding entwickeln.
Und fällt ihnen etwas ein? Mir schon. Ich träume von einer Kirche, die in eine Turnhalle umgebaut wird. In der ganz früh alle Sportbegeisterten trainieren können und zu Schulbeginn dort Schulsport stattfindet. Nach dem Mittagessen können die Kinder aus dem Ganztag dort spielen, toben und sich bewegen. Schulfeste, Konferenzen und Entlassfeiern können schulnah stattfinden.
Im Zusammenschluss von Kirche, Stadtsportbund, Schulbehörde und anderen
Playern, kann das ganze zum Wohl und zur Entwicklung der Kinder und
Jugendlichen umgesetzt werden. Und am 24.12. können wir alle gemeinsam in der
Turnhallenkirche so Weihnachten feiern, wie es sich die Jahresnutzer*innen
wünschen.
Es wäre anders als sonst, aber
„Stille Nacht“ würde man sicher auch singen. Das ist nur eine von vielen quer
gedachten Ideen für eine Kirche in meiner Stadt. Wie wäre es mit einer Kirche,
die so ausgestattet ist, dass man darin tanzen kann? In der Bibel wird so viel
getanzt. Denkbar wäre auch eine Kirche, in der das Austeilen einer Tagessuppe
das tägliche Hochamt ist. In der Menschen ihre Suppe essen und es auch die
Möglichkeit gibt, sich beraten zu lassen? Eine Kirche, die dem Stadtteil dient,
weil sie den Menschen dient. Das wäre doch am Ende auch Gottesdienst –
oder?
Hier in Krefeld und im Bistum Aachen jedenfalls ist das die Aufgabe der nächsten Jahre, die Frage der Kirchennutzung zu beantworten und zu gucken, wo gute Ideen umzusetzen sind. Ich bin fest davon überzeugt und habe es auch erfahren, dass die Menschen genau wissen, was im Stadtteil in der Stadt fehlt. Und dann kommt Kirche in Kontakt mit Menschen außerhalb der Kirchenblase. Das ist gut, denn so lerne ich immer wieder was genau die Sehnsuchtsideen und Bedürfnisse sind. Ich wünsche mir heute, dass sie beim nächsten Kirchturm den sie sehen, sich die Frage stellen: Für was könnte dieser Bau geschaffen sein, was könnte hier den Menschen dienen? Und für die Frage müssen nicht Christin oder Christ sein, sondern nur ein Mensch guten Willens. Gute Ideen und Mut zur Umsetzung wünscht Ihnen, Anne Hermanns-Dentges aus Krefeld.