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Kirche in WDR 5 | 10.04.2024 | 06:55 Uhr

Fastenbrechen

Einen guten Mittwochmorgen! Und heute gilt dieser Gruß in besonderer Weise allen muslimischen Hörerinnen und Hörern, denn heute endet der Ramadan. Heute ist das große Fastenbrechen, auch Zuckerfest genannt. Wie schön und die besten Wünsche dafür.

Wenn ich an das Fasten denke, das ja auch bei uns Christen Tradition hat, dann fällt es mir im ersten Moment schwer, damit eine Quality-Time in Verbindung zu bringen. Sofort kommt mir ein großes Schokoladeneis oder ein tiefer, abgerundeter Rotwein in den Sinn – und die Freude am Fasten stößt an ihre Grenze, bevor es überhaupt angefangen hat. Fasten schmeckt in erster Linie bitter nach Verzicht.

Im christlichen Kontext hat der Begriff „Fasten“ einen hebräischen Ursprung und bedeutet so viel wie „die Seele beugen“. Es geht darum, der Versuchung zu widerstehen, so wie Jesus bei seinem 40-tägigen Aufenthalt in der Wüste. Er wollte seinen Körper überwinden und damit eine Haltung der Demut einüben. Man könnte auch sagen, es ist das Bemühen, den eigenen Willen, ja die eigenen menschlichen Schwächen und Leidenschaften zu durchbrechen. Durch den Blick nach Innen wird eine neue Sicht auf das Leben gewonnen. Soweit jedenfalls die Theorie. Wie erfindungsreich aber die Menschen in Ausreden und Umgehungen von Regeln sind, darauf kann man getrost mit einem von Mönchen gebrauten Fastenbier anstoßen. Dass in der heutigen Zeit die meisten Menschen das Fasten mit einer Diät verwechseln, das steht dann noch auf einem ganz anderen Blatt. Im Christentum jedenfalls hat die Fastenzeit ja schon letzte Woche mit dem Osterfest ihr Ende gefunden. Bildlich gesprochen ist sie der Gang im dunklen, rauen Büßergewand durch die triste, entbehrungsreiche Zeit hin zum alles überstrahlenden Licht der Auferstehung vom Tod.

Im Islam wird das Fasten aber noch etwas anders gesehen. Hier kommt der Begriff vom Arabischen „Saum“ und drückt aus, dass Herz und Seele nicht gebeugt, sondern gereinigt werden. Es ist eine Art „Frühjahrsputz“, um Platz zu schaffen für den Glauben, genauso aber auch für die Menschen, die Hilfe brauchen. Deshalb stehen grade im Ramadan und zum Fest des Fastenbrechens nicht nur das Gebet, sondern vor allem auch caritative Projekte im Vordergrund. Die Hilfe am Nächsten, die Gabe an Bedürftige ist eine der Säulen im Islam und in der Fastenzeit eine der vornehmsten Aufgaben. Während wir Christen verstärkt nach innen schauen, geht hier der Blick noch einmal verstärkt auch nach außen, zum Mitmenschen. Und so ist es zum Beispiel nichts Ungewöhnliches, dass die Frauen und Männer der MTO Shahmaghsoudi-Gemeinde des islamischen Sufismus in meinen Stadtteilen zum Fastenbrechen zu unserer katholischen Lebensmittelausgabe kommen oder in eine Caritas-Unterkunft für Geflüchtete oder ins christliche Kinderhilfswerk ´Die Arche´ gehen und dort süße Geschenke an Erwachsene oder Kinder geben. Die Freude über das Fastenbrechen mit guten Gaben und guten Werken teilen. Ist das nicht wunderbar?

Wenn Fasten das Herz und die Seele öffnet, dankbar und achtsam für sich und den Nächsten macht, dann ist es eben doch eine Quality-Time, denn dann wachsen daraus Offenheit, Toleranz und Weisheit. Das ist natürlich etwas für das ganze Jahr, damit es selbstverständlich ist, das Fest der Nachbarn nicht nur zu respektieren, sondern sich gemeinsam mit ihnen zu freuen – an Ostern, beim heutigen Fastenbrechen oder beim jüdischen Jom Kippur. Vielleicht bin ich naiv und ein Träumer, aber ist das nicht eine gute Vorstellung für diesen Mittwoch morgen im April: Unsere menschliche Gemeinschaft als eine friedliche Einheit in vielen bunten und fröhlichen Farben. Und es beginnt heute, am Fest des Fastenbrechens. Hier! Da, wo ich für diesen Tag in meiner kleinen Welt verantwortlich bin.

Ich bin Martin Kürble und wünsche ihnen aus Düsseldorf heute einen versüßten und besonders friedlichen Festtag. Bleiben Sie behütet.



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