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Kirche in WDR 5 | 27.04.2024 | 06:55 Uhr

Bilderfülle

Es gibt Menschen, die gesprochene Worte sehen und Bilder hören können. Die Worte, die jemand sagt, nehmen für sie Gestalt an und die Bilder, die sie betrachten, beginnen zu ihnen zu sprechen. So ein Mensch war Anna Katharina Emmerick, deren Jubiläumsjahr im Gedenken an ihren Tod vor 200 Jahren und ihren Geburtstag vor 250 Jahren jetzt gefeiert wird. Sie liest die Bibel nicht mit einem Blick von außen, sondern sie lebt in der Bibel und daraus entsteht ihre große Bilderfülle der biblischen Geschichten. Das hat sie zu einer der großen Mystikerinnen der Neuzeit gemacht.

Anna Katharina erzählt selbst, wie sie von Kindheit an die Ereignisse der Bibel sehen konnte in ihrer ganzen Lebendigkeit. Und sie erinnert sich, wie ihr Vater am Feuer sitzend sie als kleines Mädchen zwischen seine Knie nahm und sie aufforderte, ihm etwas zu erzählen. Und sie sagt: „Da erzählte ich ihm ganz lebhaft und deutlich allerlei biblische Geschichten, und da er gar nie dergleichen und auf diese Weise gehört und gesehen, weinte er, dass die dicken Tropfen auf mich niederfielen.“[1] Und auf seine Frage, woher sie das habe, antwortet sie: „Vater, das seh‘ ich ja so!“

Visionen – so erkläre ich mir selbst dieses Phänomen – sind Erfahrungen geistlicher Wirklichkeit, die in sich kein wirkliches Bild haben. Doch damit ich es verstehen kann, kleiden sich diese Erfahrungen dann in Bilder, wie ich sie kenne. Ähnlich ist es, wenn Maler wie Pieter Bruegel die Geburt Jesu ins Bild bringen; dann hat die Geschichte ein niederländisches Flair. Das bedeutet, dass die von Anna Katharina gesehenen Bilder der Bibel sich im Kleid ihrer Zeit verbergen. Der Dichter Clemens von Brentano war sechs Jahre lang an ihrer Seite und hat all die Visionen aufgezeichnet. Er gibt sie mit eigenen Einfügungen als Buch heraus, was die Volksfrömmigkeit im 19. Jahrhundert stark mitprägte.

Es gibt eine Vision der Geburt Jesu bei Anna Katharina. Da sagt sie: „Ich sah in der Lichtstraße über Maria sich ein Licht immer ins andere und eine Gestalt in die andere durchdringen. Ich sah viele Kreise, die Gestalten wurden […] und zuletzt ganz menschlich gestaltete Engel im Licht der Krippe vor dem Kind um sie her auf dem Angesicht liegen.“[2] Im Blick auf die Engel finde ich sie ganz sprechend, auch wenn mir der Rest etwas fremd bleibt.

Welch eine schöne Wahrnehmung der Engel! Anna Katharina Emmerick sieht am Himmel Lichtkreise, die ineinander tauchen und sich immer wieder verändern. Aber eben gestaltlose Lichtformen, die erst menschliche Gestalt annehmen, je näher sie zur Erde kommen. Die Engel in menschlicher Gestalt zu sehen, ist vielleicht die einzige Möglichkeit, ihren Anblick zu überleben. Der Dichter Rainer Maria Rilke sagt von den Engeln: „Denn das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang, den wir noch gerade ertragen, und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht, uns zu zerstören. Ein jeder Engel ist schrecklich.“[3] Anna Katharina hat also eine Wahrnehmung dieser Lichtgestalten, in denen Gott selbst gegenwärtig ist und kleidet sie in ein Bild, das auch mir heute etwas sagt.

In der Bilderfülle der heutigen Medienzeit fasziniert mich - bei aller Fremdheit - die Fülle der inneren Bilder, die in dieser Mystikerin aus dem Münsterland aufgestiegen sind. Für mich sind sie Ansporn, den eigenen inneren Bildern wieder mehr Beachtung zu schenken.

Aus Münster grüßt Sie Sr. Ancilla Röttger.




[1] Günter Scholz, Anna Katharina Emmerick. Kötterstochter und Mystikerin. Münster 2003, S. 48.

[2] Anna Katharina Emmerick, Der Gotteskreis. Aufgezeichnet von Clemens Brentano. München 1960, S. 20.

[3] Vgl. Rainer Maria Rilke, Die Duineser Elegien, S.

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