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Kirche in WDR 5 | 25.05.2024 | 06:55 Uhr
„Hochzeiten“
Ein Samstag im Mai. Für viele Brautpaare ist das der perfekte Tag zum Heiraten. Auch in einer meiner Gemeinden, die ich als Priester begleite, steht heute wieder eine Trauung an. Die Hochzeitssaison, die meistens von Mai bis September geht, ist damit eingeläutet.
Die Zahlen der Trauungen, sowohl bei den Standesämtern als auch bei den Kirchen, sind rückläufig. Das heißt, immer weniger Paare geben sich das Ja-Wort. Aber wenn, dann werden an diesen Tag der Trauung hohe Erwartungen gestellt. Für nicht wenige Paare soll es „der schönste Tag im Leben“ werden. Mit einem Augenzwinkern wünsche ich den Paaren immer, dass es hoffentlich nicht der schönste Tag sei, denn dann wäre es der einzige und es ginge nur noch abwärts.
Nein, abwärts soll es wirklich nicht gehen und es darf auch gerne ein bisschen wie im Märchen sein: mit der glücklichen Hochzeit und dem geläufigen Satz: „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“
Aber die Erwartungen sind wirklich hoch an diesen Tag – und sie sind vielfältig. Vor allem soll nichts dem Zufall überlassen werden. Von der Einladungskarte bis zum Mitternachtsimbiss will alles geplant sein. Und das kann ich auch gut verstehen. Nicht umsonst hat sich für diesen Bereich der Organisation ein Geschäftszweig entwickelt: Wedding-Planer, die dem Brautpaar zur Seite stehen und für sie so viel wie möglich übernehmen. Und auf Hochzeitsmessen kann man sich vorher viel anschauen, was es so alles gibt, um diesen Tag der Hochzeit wirklich zu einem besonderen Tag zu machen. All diese Dinge sind wichtig, aber entscheidend sind sie nicht. Entscheidend ist das „Ja“-Wort der beiden.
Viele Brautpaare entscheiden sich bei der kirchlichen Trauung für einen Trauspruch. Ein beliebter Spruch ist dem Johannesevangelium entnommen: „Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben“, sagt Jesus (Joh 13,34).
Was für ein Zuspruch, den das Paar damit gesagt bekommt. Gott liebt mich, Gott liebt uns. Und diese Liebe ist ein großartiges Geschenk, die das Paar tragen will – auch durch schwere Zeiten. Aber dieser Trauspruch ist nicht nur ein Zuspruch, sondern auch ein Anspruch an uns Menschen. Denn menschliche Liebe ist auch zerbrechlich; sie kann scheitern. Gottes Liebe dagegen ist treu und ewig. Und ich wünsche den Brautpaaren, dass ihre Liebe etwas von dieser göttlichen Liebe enthält und nach außen strahlt – „in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit“, wie es sich die Paare bei der kirchlichen Trauung einander zusagen.
Dieses Jahr darf ich übrigens einem Paar zur Gnadenhochzeit gratulieren und mit den beiden einen Gottesdienst feiern und mit ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln. Seit 70 Jahren sind die beiden verheiratet und haben so manches gemeistert – zusammen versteht sich. Was sie den diesjährigen Brautpaaren mit auf den Weg geben wollen? Dass man sich selbst nicht zu wichtig nimmt und nicht zu schnell aufgibt, wenn man mal unterschiedlicher Meinung ist.
Na dann wünsche ich allen Brautpaaren einen wunderschönen Tag mit festlichen Stunden und dem Vertrauen darauf, dass Gott sie auf ihrem gemeinsamen Weg begleitet!
Ihr Pfarrer Andreas Möhlig aus Aachen.